von Vera Hierholzer
Der Mediziner Franz Joseph Gall (1758 – 1828) stellte die These auf, dass die seelischen und charakterlichen Eigenschaften des Menschen einzelnen Hirnregionen zugeordnet sind: je größer diese Regionen, desto ausgeprägter die entsprechenden Eigenschaften. Diese bestimmten auch die Form des Schädels und seien deshalb von außen zu vermessen. Trotz dieser aus heutiger Sicht unwissenschaftlichen Herangehensweise stellte die als Phrenologie bezeichnete Lehre Galls einen wichtigen Vorläufer der modernen Neurowissenschaften dar. Unter den Zeitgenossen fand sie zahlreiche Anhänger; das gegenseitige Betasten des Kopfes wurde zu einem beliebten Gesellschaftsspiel. Doch fanden sich auch viele Kritiker, darunter Galls Fachkollege Samuel Thomas von Soemmerring (1755 – 1830), der dessen funktionelle Betrachtungsweise ablehnte. Soemmerring betrachtete das Gehirn als »Seelenorgan« und vermutete den »Wohnsitz der Seele« in seinen inneren Höhlen.
Dieses Objekt war in der Jubiläumsausstellung "Ich sehe wunderbare Dinge. 100 Jahre Sammlungen der Goethe-Universität" 2014/2015 zu sehen. Der erläuternde Text wurde für die Ausstellung bzw. den begleitend erschienenden Katalog verfasst.