von Dr. Joachim Seng
Verwandlungen steht auf dem marmorierten Schuber, in dessen Innerem sich ein Heft mit acht gestanzten, kolorierten Puppen befindet. Dazu gibt es einen Kopf sowie einige Kopfbedeckungen, die darauf montiert werden können. Erzählt wird die Geschichte von Fritz Sinnreich, der für seine Freunde auf einem Fest in sieben Rollen schlüpft: König, peruanischer Kämpfer, Friseur, Harlekin, Schotte, Jude, Advokat. Das Verwandlungsmotiv gehört zu den ältesten der Literatur und beschreibt, dass die Gestaltenwelt der Götter, Menschen und Tiere durchlässig ist.
Für Walter Benjamin ist die Kraft der Phantasie die „Wolkenheimat des verspielten Kindes“ (Aussicht ins Kinderbuch) und zugleich „das Reich des Wandels“ (Zu Max Kommerells ‚Jean Paul‘). „Aber wer hübsch artig ist,/Darf die Zauberkraft nicht scheuen,/Frey von allem Zwang soll der/Hoch sich wie ein König freuen!“ Das sagt der Harlekin in unseren Verwandlungen. Was er meint? Jedes Kind kann König werden und: mit der Zauberkraft der Phantasie ist im Kinderbuch gesellschaftlicher Wandel spielerisch möglich.
Zugang zum vollständig digitalisiertem Buch erfolgt unter diesem Link.Joachim Seng ist Leiter der Bibliothek des Deutschen Romantik-Museums in Frankfurt am Main. Die Objekterzählung entstand im Rahmen der Ausstellung "ein/aus gepackt: Kinderbuchsammlung Benjamin" (Oktober 2022-Februar 2023), in der ausgewählte Bücher der Sammlung aus unterschiedlichen fachlichen und persönlichen Perspektiven kommentiert wurden.