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In der Sammlung

Oswin-Köhler-Archiv (OKA), Forschungs- und Dokumentationsstelle für Nachlässe in der deutschen und internationalen Afrikanistik – Institut für Afrikanistik

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Schreibmaschine Oswin Köhlers [Sonderanfertigung mit phonetischen Sonderzeichen für die Sprache der Kxoé]

Kategorien

Urheber

Hersteller: Olympia

Datierung

1960er Jahre

Maße

H 16 cm, B 35 cm, T 34 cm

Material

Stahl, Kunststoff

Ausstellungskontext

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Schreibmaschine Oswin Köhlers [Sonderanfertigung mit phonetischen Sonderzeichen für die Sprache der Kxoé]

© Foto: Jürgen Lechner, Copyright: Abt. Marketing und Kommunikation, Goethe-Universität

Eine unverzichtbare Hilfe

von Philipp Schweizer

Die Erforschung der Sprache und Kultur der Kxoé, einer Unter-Unter-Unter-Gruppe der Khoisan, wurde für den deutschen Afrikanisten Oswin Köhler (1911–1996) zu einer Lebensaufgabe. Er war nicht der erste, der sich für die Khoisan, die Ureinwohner des südlichen Afrikas, interessierte und sie wissenschaftlich erforschte. Anthropologen, Ethnologen und Linguisten vor und nach ihm unternahmen Forschungsreisen in die Kalahari-Wüste, um Gruppen der letzten Jäger- und Sammlergesellschaft des afrikanischen Kontinents aufzufinden. Köhlers Idee aber bestand darin, die Kultur und Geschichte der Kxoé in einer umfassenden Enzyklopädie zu dokumentieren. Diese sollte – und das ist bis heute das Besondere daran – nicht von einer Außenperspektive, sondern von den Kxoé selber geschrieben werden.

Köhler sah Sprache und Kultur in einem engen Wechselverhältnis. Für ihn war der Schlüssel zum kulturellen Erfahrungsschatz der Kxoé ihre Sprache. Kxoé ist, wie die meisten Khoisan-Sprachen, eine Klicksprache und deshalb sehr schwer zu erlernen. Köhler aber beherrschte es schließlich so gut, dass er von den Kxoé bald große Anerkennung erfuhr. Während Köhler die Sprache erlernte, fing er auch an, sie zu verschriftlichen. Dazu verwendete er das Internationale Phonetische Alphabet (IPA), ein Lautschriftsystem, das es erlaubt, die Laute aller menschlichen Sprachen zu beschreiben. Unterschiedliche Tonhöhen, die Köhler damit nicht darzustellen vermochte, kennzeichnete er mit eigenen Diakriten.

Um das Kxoé auch maschinell schreiben zu können, ließ Köhler sich diese Schreibmaschine entsprechend ausrüsten. Das fällt allerdings erst bei genauem Betrachten der Maschine auf: So sind in der oberen Tastenreihe statt der Zahlen, Zeichen für die Klicklaute, die die gewohnten lateinischen Buchstaben ergänzen. Bis auf die Tonhöhen, die per Hand eingefügt werden mussten, konnten mit diesem Gerät alle Zeichen dargestellt werden.

In Interviews mit einer Reihe von Kxoé begann Köhler Material für die Enzyklopädie zu sammeln. Sie wurden auf Tonband aufgenommen und handschriftlich festgehalten. Dann übersetzte er sie, mit Anmerkungen versehen, ins Deutsche. Köhlers Frau Ruth, die ihn auf allen Forschungsreisen zwischen 1959 und 1992 begleitete, übernahm die Arbeit des Abtippens der Interviews mit der Schreibmaschine. Die Schreibmaschine wurde also nicht während der Interviews direkt, sondern erst danach benutzt.

Hier kommen interessante Fragen zu Köhlers Forschungspraxis und ihren Auswirkungen auf die Ergebnisse auf: Wie hielt er die Interviews fest, wörtlich oder stichwortartig? Wann übersetzte er die in Kxoé geführten und verschriftlichten Interviews? Wie wählte Köhler seine Informanten aus? Sicherlich spielte es eine wichtige Rolle, eine vertrauensvolle Bindung aufzubauen. Eine notwendige Voraussetzung war es daher, ausreichend Zeit zu haben. Seine Informanten mussten weitgehend von Arbeit freigestellt werden. Hier kamen vor allem die Männer in Frage, deren Aufgabe die Jagd war, die bei den Ackerbau betreibenden Kxoé nicht die hauptsächliche Ernährungsquelle darstellte.

Auf Grund des hohen Zeitaufwandes entschied sich Köhler auch für eine stationäre Forschungspraxis im Gegensatz zu einer mobilen. Dies veränderte die Lebensweise der Kxoé und hatte viel Arbeit zur Folge: Wasser, Nahrung, Feuerholz und vieles mehr musste herangeschafft werden. Die Hütten mussten in Stand gehalten werden, der Feuerstreifen um das ganze Lager musste sauber gehalten werden, damit Buschfeuer nicht auf das Lager übergreifen konnten.

Auch Köhler selbst musste von den normalen Alltagsaufgaben befreit sein, um sich der Forschung widmen zu können. Und so war es Ruth Köhler, die mit dem Abtippen der Interviews und der Übernahme der täglichen Versorgung seine Forschungsarbeit überhaupt erst ermöglichte. Köhler hob ihren Anteil an „seiner“ Arbeit immer wieder hervor.

Philipp Schweizer war im Sommersemester 2013 Student der Geschichte. Der Text entstand im Rahmen der Lehrveranstaltung der Studiengruppe „sammeln, ordnen, darstellen“.

Literatur

Oswin Köhler: Die Welt der Kxoé-Buschleute im südlichen Afrika: eine Selbstdarstellung in ihrer eigenen Sprache, Band 3, Berlin 1989.

http://www.az.com.na/soziales/kxo-und-afrikanistik-zum-100-geburtstag- von-prof-dr-oswin-khler.136120.php