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Lehrsammlungen, Belegsammlungen – Institut für Geowissenschaften

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Bändereisenerz oder auch BIF (Banded Iron Formation)

Kategorien

Maße

H 16 cm, B 36 cm

Material

Eisenoxid und Silikat

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Bändereisenerz oder auch BIF (Banded Iron Formation)

© Wolfgang Schiller, Institut für Geowissenschaften

Die Erde holt Luft

von Laura Uenver-Thiele

In der Geschichte unserer Erde zählt die „Große Sauerstoff-Katastrophe“ (Great Oxidation Event) zu einem der prägenden Prozesse im globalen Wandel unseres Planeten. Während des späten Archaikums (älter als 2,5 Milliarden Jahre) war unsere Atmosphäre nahezu frei von Sauerstoff, sodass ein Leben für uns heutige Menschen nicht möglich gewesen wäre. Bakterien, die nicht auf Sauerstoff angewiesen waren, sprich unter anaeroben Bedingungen existieren konnten, waren deshalb die vorherrschenden Bewohner der frühen Erde. Und es waren ebenfalls Bakterien, die Cyanobakterien, durch die der erste Sauerstoff in die Atmosphäre freigesetzt wurde. Mit Hilfe von Sonnenlicht konnten diese Bakterien fotochemisch Wasser oxidieren und Sauerstoff als Stoffwechselprodukt ausscheiden. Somit begannen sich aufgrund der winzigen Bakterien vor etwa 2,3 Milliarden Jahren die Lebensbedingungen auf der Erde stetig zu verändern. Die Atmosphäre entwickelte sich schließlich zu unserer heutigen. Das Archaikum endete vor 2,5 Milliarden Jahren und das Proterozoikum begann.

Die bedeutendsten Überlieferungen dieses erdgeschichtlichen Wandels, die bis heute von ihm erzählen, stellen die Bändereisenerze (Banded Iron Formation=BIF) dar. Es handelt sich dabei um Sedimente, welche aus dem Meerwasser ausgefällt und auf dem Meeresboden abgelagert wurden. Das vorliegende BIF-Handstück ist durch einen streifenartigen Farbwechsel von hellrot zu dunkelrot-braun gekennzeichnet. Dieses charakteristische Farbmuster der BIFs beruht auf einem rhythmischen Ablagerungswechsel von eisenhaltigen Lagen (dunkel) und kieseligen Sedimentschichten (hell). Diese Schichten, aufgrund derer das Gestein den Namen „Bändereisenerze“ erhielt, sind meist nur wenige Millimeter bis Zentimeter mächtig. Altersbestimmungen haben ergeben, dass deren Ablagerungen vom späten Archaikum bis in das mittlere Proterozoikum reichen, also zwischen 2,5 und 1,6 Milliarden Jahre alt sind. Durch vielfache Wiederholung der Bänderungen können die BIFs eine Mächtigkeit von bis zu 600 Metern erlangen. Sie stellen die wirtschaftlich bedeutendsten Eisenerzlagerstätten der Erde dar, die für unsere heutige Stahlindustrie unerlässlich sind. Ohne BIFs würde unser alltägliches Leben stark beeinträchtigt sein – beispielsweise würde es keine Autos oder Waschmaschinen geben.

Wie der Name schon sagt, stellt das Eisen ein wichtiges Merkmal der BIFs dar. Je nachdem wie viel Sauerstoff bei der Entstehung vorlag, kann Eisen in verschiedenen Oxidationsstufen vorkommen. Als im Archaikum das Meerwasser frei von Sauerstoff war, lag Eisen vor allem als zweiwertiges Eisen (Fe2+) vor. Durch das Great Oxidation Eventwurde Sauerstoff in der Atmosphäre und in den obersten Schichten des Meerwassers angereichert, wodurch das zweiwertige Eisen zu unlöslichem, dreiwertigen Eisen (Fe³+) oxidierte. Infolgedessen kam es zur Ausfällung des Eisens als Fe3+ und zur Bildung des stabilen Eisenoxids Hämatit (Fe2O3), welches zur charakteristischen rötlichen Farbgebung des Gesteins beiträgt.

Mit der Zeit wurde das gelöste Fe2+ der Ozeane oxidiert und nahezu vollständig ausgefällt. So kam der Bildungsprozess der BIFs vor etwa 1,6 Milliarden Jahren zum Erliegen. Da heutzutage keine äquivalenten Prozesse ablaufen und insofern keine neuen BIFs gebildet werden, ermöglichen sie einen faszinierenden Einblick in die frühe Entwicklung unserer Atmosphäre. Sie zeugen von einer durch kleinste Lebewesen ausgelösten großen Sauerstoffkatastrophe, ohne die es unsere heutige, belebte Erde nicht geben würde, und sie bilden so den Moment ab, in dem die Erde zum ersten Mal Luft holte.

Laura Uenver-Thiele ist Doktorandin der Mineralogie. Der Text entstand im Rahmen der Jubiläumsausstellung „Ich sehe wunderbare Dinge. 100 Jahre Sammlungen der Goethe-Universität“ und wurde im Katalog veröffentlicht. Dieses Objekt war in der Jubiläumsausstellung "Ich sehe wunderbare Dinge. 100 Jahre Sammlungen der Goethe-Universität" 2014/2015 zu sehen. Der erläuternde Text wurde für die Ausstellung bzw. den begleitend erschienenden Katalog verfasst.

Literatur

Alan B. Woodland: Banded Iron-Formations, in: Oxford Companion to the Earth, Oxford 2000, S. 61–63.