© Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg
von Dr. Bernhard Tönnies
Der erste Frankfurter Druck ist der 1511 erschienene Ludus studentum Friburgensium, ein Lehrbuch für lateinische Prosodie und Metrik, mit dem Thomas Murner, aufbauend auf Erfahrungen an der Freiburger Universität, darauf abzielt, dass die Studenten mit Hilfe von Spielen Elemente der lateinischen Silben- und Verslehre auswendig lernen. Bei diesen Spielen handelt es sich u.a. um ein Radspiel, Schach und Tricktrack, den Vorgänger von Backgammon.
Der Buchdruck mit beweglichen Lettern hatte in Frankfurt am Main erst mehr als 50 Jahre nach seiner Erfindung durch Johannes Gutenberg in Mainz und Einzug gehalten und somit ziemlich spät. Der Grund dafür dürfte in der unmittelbaren Nachbarschaft zu Mainz liegen, das seit Gutenbergs Erfindung eine führende Rolle auf dem Gebiet des Druckwesens einnahm. Offenbar bestand für eigene Druckereien und Verlage in Frankfurt im 15. und frühen 16. Jahrhundert noch kein Bedarf. Bezeichnenderweise ließ der Rat der Stadt Frankfurt 1509 das Frankfurter Stadtrecht bei Johann Schöffer in Mainz drucken.
Die Situation änderte sich erst, als 1511 der aus dem Elsass stammende Franziskaner Thomas Murner (1475 ‒ 1537) nach Frankfurt kam und für rund zwei Jahre im dortigen Franziskanerkloster lebte, das sich an der Stelle der heutigen Paulskirche befand. Thomas Murner war Doktor der Theologie und Jurisprudenz, Humanist, Satiriker und ein leidenschaftlicher Gegner Martin Luthers. Mit ihm kam sein jüngerer Bruder, der Buchdrucker Beatus Murner nach Frankfurt. In dessen Druckerei entstanden in den Jahren 1511 und 1512 die ersten neun nachweislich in Frankfurt gedruckten Bücher, deren Verfasser mit einer Ausnahme Thomas Murner ist. Dabei handelt es sich allerdings nicht um umfangreiche Werke, sondern eher um kleine Broschüren.
Und das erste dieser neun Bücher ist der 1511 erschienene Ludus studentum Friburgensium. Das Buch enthält acht Holzschnitte, darunter zwei, die sich aufklappen lassen, und einen, der mit einem drehbaren Rad, einer sogenannten Volvelle, versehen ist.
Im Altbestand der Frankfurter Stadtbibliothek, der sich als Dauerleihgabe in der Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg befindet, waren bislang lediglich sechs der neun Frankfurter Murner-Drucke vorhanden, die bis 1939 in der Dauerausstellung der Stadtbibliothek gezeigt wurden. Glücklicherweise konnte jetzt der Ludus studentum Friburgensium mit Unterstützung der Freunde der UB erworben werden. Er stellt eine sehr wertvolle Ergänzung und Bereicherung des Bestands dar.
Das höchst seltene Büchlein wurde komplett digitalisiert:http://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/inc/content/titleinfo/11109108