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Archivzentrum – Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg

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Buddha Arthur Hübschers

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Urheber

Künstler unbekannt

Datierung

ohne Datierung

Maße

H 45 x B 33 x T 30 cm

Material

vemutl. Bronze, vergoldet

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Buddha Arthur Hübschers

© Marketing und Kommunikation Goethe-Universität, Fotograf: Tom Stern

Ein authentisches Lächeln

von Janine Aures

„[…] Ueberdies hat besagter Herr mir in Paris eine ächt asiatische, wahrscheinl. aus der großen Gießerei in Tübet herrührende, sehr alte, bronzene Figur des Buddha aufgetrieben, 1 Fuß hoch: vom schwarzen uralten Ueberzug gereinigt, glänzt sie wie Gold, auf einer Konsole in meinem Zimmer: war ein längst gehegter Wunsch. Hat alle kanonischen Zeichen, da sitzt sie, – zur Hausandacht.“ (Brief an Carl Grimm vom 11. Mai 1856, Gesammelte Briefe, Nr. 389, S. 391).
Mit diesen Worten beschreibt Arthur Schopenhauer (1788–1860), der Philosoph, der sich selbst gerne als Buddhisten bezeichnete, in einem Brief vom 11. Mai 1856 an den Pfarrer Carl Grimm seine Buddhafigur, knapp einen Monat, nachdem er sie erhalten hatte. Ein Bekannter, der Preußische Obergeheimrat Eduard Crüger, hatte sie in Paris auf Schopenhauers Wunsch erstanden. Die „kanonischen Zeichen“, die die Authentizität der Figur garantieren sollen, erläutert Schopenhauer in einem Gespräch mit Carl Georg Bähr (1801–1869) (Schopenhauer: Gespräche, S. 236 f.). Es sind: der Lotussitz, die Handhaltung (die rechte Hand ruht auf dem rechten Oberschenkel, die linke Hand ist in der Geste eines Bettelnden geöffnet) und das friedvolle, halbe Lächeln des Buddha.
Auch die abgebildete Figur ist nach Schopenhauers Definition eine authentische Buddhastatue, doch Schopenhauers Buddha ist sie nicht. Es handelt sich um den Buddha Arthur Hübschers (1897–1985), der die Leitung der „Schopenhauer-Gesellschaft e.V.“ von 1936 bis 1982 innehatte, ebenso wie die des Schopenhauer-Archivs (heute Archivzentrum) in der Frankfurter Universitätsbibliothek, das neben dem Nachlass des Philosophen noch ca. 350 weitere Nachlässe aufbewahrt. Nachdem der aus Autographen, persönlichen Gegenständen, Bildern und Teilen seiner Privatbibliothek bestehende Nachlass Schopenhauers zeitweise sogar ein eigenes Museum ausgestattet hatte, das 1944 durch einen Bombenangriff zerstört wurde, wurde er wieder der Universitätsbibliothek zugeführt und hat das Haus seitdem nur noch leihweise im Rahmen von Ausstellungen verlassen. Auch Hübscher übergab – allerdings erst einige Jahre später – seinen Nachlass inklusive seiner eigenen Buddhastatue der Universitätsbibliothek. Über die Herkunft der Figur oder die Absicht, die Hübscher mit seiner Gabe verfolgt haben könnte, ist nichts weiter bekannt. Möglicherweise sollte sein Buddha den in der Literatur so gut bezeugten, aber schon lange vermissten Buddha Schopenhauers wenn nicht ersetzen, so doch vertreten.
Schopenhauer erwähnt die von ihm so innig verehrte Figur seltsamerweise nicht in seinem Testament, doch sie taucht im amtlichen Nachlassverzeichnis unter den Kunstgegenständen als „Nr. X“ auf. Ihr weiteres Schicksal ist unbekannt. Hübscher selbst, der neben dem Schopenhauer-Jahrbuch auch die historisch-kritische Gesamtausgabe der Werke, Briefe und Gespräche herausgab, scheint 1949 noch einmal Nachforschungen angestellt zu haben. Ein Brief des Karlsruher Professors Paul Günther (1892–1969) an ihn ist überliefert, dessen Urgroßvater die Figur aus dem Nachlass ersteigert haben wollte, doch offenbar vermochte er Hübscher und den Herausgeber von Schopenhauers Testament Hugo Busch nicht von der Echtheit seiner Statue zu überzeugen. Auch der jüngste Versuch, etwas über den Verbleib von Schopenhauers Buddha in Erfahrung zu bringen, ein Suchaufruf im Internet aus dem Jahr 2005, blieb bislang erfolglos.
Heute steht Hübschers Ersatz-Buddha in einer Glasvitrine im Archivzentrum der Universitätsbibliothek inmitten eines Teils von Schopenhauers ehemaliger Bibliothek. Eine aussagekräftige Positionierung, einerseits, da Hübschers Lebenswerk maßgeblich darin bestanden hatte, das Lebenswerk des Philosophen zu erfassen, zu systematisieren und zugänglich zu machen, andererseits, da auch Schopenhauer seine Buddhafigur nicht so sehr um ihrer individuellen künstlerischen Ausgestaltung willen schätzte, sondern weil sie ihm Sinnbild für eine Religion und philosophische Schule war, der er sich zeitlebens zutiefst verbunden fühlte.

Janine Aures war im Wintersemester 2012/13 Studentin der Geschichte. Der Text entstand im Rahmen der Lehrveranstaltung der Studiengruppe „sammeln, ordnen, darstellen“.

Literatur

Arthur Hübscher (Hg.): Arthur Schopenhauer: Gesammelte Briefe, Bonn 1978.

Arthur Hübscher (Hg.): Arthur Schopenhauer: Gespräche, Stuttgart-Bad Cannstatt, 1971.

Jochen Stollberg: Arthur Schopenhauer über seinen Buddha in Gesprächen und Briefen, in: „Das Tier, das du tötest, bist du selbst…“ Arthur Schopenhauer und Indien. Begleitbuch zur Ausstellung anlässlich der Buchmesse 2006, hg. v. Jochen Stolberg, Frankfurt a. M. 2006, S. 163-172.