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In der Sammlung

Edo-Bibliothek – Institut für Ostasiatische Philologien, Japanologie – Edo bunko 江戸文庫

Shinkyoku Kyûbiden

Kategorien

Signatur

Inv.-Nr. kx 15

Urheber

Tamenaga Shunsui II

Datierung

Januar 1866

Maße

H 15,7 B 10, 6 cm

Material

Papier

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Shinkyoku Kyûbiden

© Shiranui-AG

Ein Zauberfuchs reist durch die Zeit

von Shiranui-AG

Shinkyoku Kyūbiden, die „Neue Neunschwanz-Legende“ lautet der Titel der Fortsetzungsgeschichte, deren Übersetzung ins Deutsche sich die Shiranui-AG der Japanologie Frankfurt zur Aufgabe gemacht hat. Die ersten drei Bücher dieser insgesamt 14-bändigen Reihe gehören zum Bestand der Sammlung frühneuzeitlicher japanischer Holzblockdrucke des Instituts, die verschiedene Werke der Edo-Zeit (1600-1868) umfasst. Shiranui ist der Name einer Prinzessin aus dem japanischen Mittelalter. In der frühneuzeitlichen Erzählliteratur verkörpert sie ein beliebtes Motiv. Im Klang des Namens Shiranui schwingt das Wort ‚shiranu‘ („nicht wissen“) mit. Dies schien uns ein geeigneter Name für eine AG, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, für den deutschen und für viele heutige japanische Leser nicht zugängliche Texte zu erschließen.

Das erste Heft des Romans stammt aus dem Jahr 1866 und wurde von dem Schriftsteller Tamenaga Shunsui II (1833–1886) verfasst. Die Geschichte ist, wie der Autor im Vorwort selbst schreibt, eine Neuinterpretation der Legende um den (Zauber)Fuchs, (jap. kitsune) einer bekannten Figur aus der japanischen Mythologie. Diese wurde mit der ebenso populären Geschichte der acht Hundekrieger verknüpft. Beide Stoffe dienen auch heutzutage immer wieder als Inspiration für Autoren verschiedener Medien, etwa für Manga wie Miyuki Abes seit 2005 veröffentlichte Serie Hakkenden. Tôhô hakken ibun. Aber auch im Ausland werden die Geschichten aufgegriffen. So kamen in den amerikanischen Serien Supernatural und Teen Wolf schon Füchse als Vertreter der japanischen Mythologie vor.

Die Handlung spielt im mittelalterlichen Japan und beginnt mit einem Jagdausflug des Fürsten Ashikaga Mochiuji (der historischen Persönlichkeit Ashikaga Mochiuji (1398-1439), Gouverneur der Kantō-Provinzen, nachempfunden) und seiner Gefolgsmänner zu den Heiden von Nasu. Nach der Jagd möchten sie den Todesstein, eine Attraktion der Gegend besichtigen. Eine Legende besagt, dass dort Jahrhunderte zuvor ein böser Fuchsgeist starb, der sich in Gestalt einer schönen Frau am Kaiserpalast aufgehalten hatte, doch dann durchschaut und vertrieben worden war. Die Leiche dieses Zauberfuchses verwandelte sich in einen todbringenden Stein, der jedes Lebewesen, das ihn berührte, vergiftete. Schließlich wurde der unheilvolle Fels von einem Mönch zerschlagen und der Fluch aufgehoben. Mochiuji und seine Männer finden jedoch an besagter Stelle nicht die erwartete Sehenswürdigkeit, sondern ein Kleinkind, das von einem alten Fuchs gesäugt wird. Was hat es mit diesem Kind wohl auf sich?

Das Buch gehört zu den sogenannten Doppelheften bei denen zwei Hefte aus je fünf gefalteten Seiten zu einem Buch zusammengefügt wurden. Auf jeder Seite befindet sich eine etwa gleichgroße Mischung aus Text und Bild, die Erzählung fügt sich in verschieden großen Abschnitten um die Illustration. Damit der Leser weiß, an welcher Stelle er fortfahren muss, steht am Ende jedes Abschnitts ein Symbol und das gleiche Zeichen markiert den Anfang der darauf folgenden Passage.

Das fast 150 Jahre alte Papier des Buchs ist verblichen und an einigen Stellen von Wurmfraß gezeichnet. Dies erschwert die Arbeit der AG teilweise erheblich, weil dadurch manchmal ganze Zeilen nicht lesbar sind. Solche Probleme lassen sich nur durch den Vergleich mit anderen Drucken des Textes lösen, die erst recherchiert werden müssen. Ein Mitglied fand in den Online-Archiven der Ritsumeikan Universität in Kyōto Scans des Shinkyoku Kyūbiden, die frei von Wurmfraß sind. Durch derartige Funde ergibt sich auch die Möglichkeit zu sehen, wie sich die Druckqualität im Laufe der Zeit verändert hat. Die bei der Herstellung des Buches verwendeten Holzplatten quollen wohl immer mehr auf, die Schrift wurde dicker. Daraus lässt sich schließen, dass es sich bei dem Exemplar in Frankfurt um eine ältere Version handelt.

Die AG-Mitglieder übertragen den Text bei ihren wöchentlichen Treffen von der alten japanischen Schreibschrift zunächst in die heute gebräuchlichen Zeichen und übersetzen ihn anschließend ins Deutsche. Für Außenstehende hört sich diese Arbeit meist trocken und langweilig an. Sie ist aber im Gegenteil oft mit lebhaften Diskussionen verbunden, und vor allem die erste wörtliche Übersetzung aus dem Japanischen sorgt immer wieder für Erheiterung. In dieser Form liest sich der Text, als habe ihn die Star Wars Figur Yoda in ihrer eigenwilligen Grammatik verfasst. Unabhängig von der Erzählung über den Zauberfuchs geben die Bücher, durch Werbeanzeigen auf der jeweils letzten Seite eines Bandes, auch Einblicke in das alltägliche Leben zur Zeit ihrer Veröffentlichung. Man kommt nicht umhin sich zu fragen, durch wie viele Hände das Buch wohl schon gewandert ist und wie vielen Lesern die Geschichte in den 148 Jahren seit ihrer Entstehung Freude bereitet hat. Diesen Text nach so langer Zeit im Original in den Händen zu halten, zu lesen und ihn nun für neue Leser in einer anderen Sprache zugänglich zu machen, das ist eine ganz besondere Aufgabe.

Der Text entstand im Rahmen der Shiranui-AG, einer Gruppe von sieben bis zehn Studierenden, die sich wöchentlich trifft und frühneuzeitliche japanische Texte ins Deutsche übersetzt. Der Text entstand im Wintersemester 2013/14.

Literatur

Ekkehard May, et al. (Hg.): Edo bunko – Die Edo Bibliothek. Ausführlich annotierte Bibliographie der Blockdruckbücher im Besitz der Japanologie der J. W. Goethe-Universität Frankfurt am Main als kleine Bücherkunde und Einführung in die Verlagskultur der Edo-Zeit. Wiesbaden 2003, S. 242-245.