von Dr. Felix Giesa
Pei-Yu Chang erzählt in ihrem Bilderbuch von den letzten Tagen Walter Benjamins und dem kuriosen Umstand, dass er einen riesigen Koffer mit auf die Flucht genommen haben soll. Der Koffer funktioniert ihr dabei als Fabulierraum, sie platziert den Intellektuellen darin – bezeichnenderweise neben einem riesigen Bücherregal – und stellt seitenweise Vermutungen an: Ideen, Theorien, an Spielzeug erinnernde Kampfroboter oder einfach nur Marmelade muss er dabei gehabt haben. Letztlich, so wird hier deutlich, ist es aber egal, was im Koffer war: Das Sammeln von Vermutungen hält die Erinnerung an den Besitzer, dem etwas so wichtig war, dass er es auf seine Flucht mitnehmen will, wach.
Felix Giesa ist wissenschaftlicher Mitarbeiter und Kustos am Institut für Jugendbuchforschung der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Die Objekterzählung entstand im Rahmen der Ausstellung "ein/aus gepackt: Kinderbuchsammlung Benjamin" (Oktober 2022-Februar 2023), in der ausgewählte Bücher der Sammlung aus unterschiedlichen fachlichen und persönlichen Perspektiven kommentiert wurden.