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In der Sammlung

Judaica-Sammlung – Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg

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Salman Hanau: Bet tefilla

Kategorien

Signatur

S 24/2309

Urheber

Hanau, Shelomoh Zalman ha-Kohen / Levi, Naphtali Herz

Datierung

1736

Maße

14,2 x 10,5 x 2,2 cm

Material

Papier

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Salman Hanau: Bet tefilla

© UB J. C. Senckenberg

Eine unikal erhaltene Dublette

von Lucia Raspe

Im Sommer 2019 wurde im Zuge der Retrokonversion des alten Zettelkatalogs eine neue Titelaufnahme für ein altes hebräisches Gebetbuch angelegt. Nach den sehr sparsamen Angaben auf der Karteikarte handelte es sich um eine Amsterdamer Neuauflage der kommentierten Ausgabe der täglichen Gebete, die Schlomo ha-Kohen, genannt Salman Hanau (1687–1746), als Verfasser einer hebräischen Grammatik bekannt, 1725 in Jeßnitz unter dem Titel Bet tefilla („Haus des Gebets“) herausgegeben hatte.

Salman Hanau gehörte zu den frühesten Vertretern der jüdischen Aufklärung des 18. Jahrhunderts. Dass er seine wissenschaftlich fundierte Kenntnis der hebräischen Grammatik nutzte, um Wortlaut und Vokalisation der überlieferten Liturgie zu korrigieren, trug ihm viel Kritik ein. Bislang unbekannt war, dass seine Ausgabe dennoch 1736 in Amsterdam nachgedruckt wurde. Eine Recherche der Bibliothekarin Annette Sasse ergab, dass nirgends weitere Exemplare dieser Auflage nachgewiesen sind. Das macht das Frankfurter Stück zu einer kostbaren Rarität.

Wie kam das Buch in unsere Sammlung? Der Band trägt heute die Signatur S 24/2309. Die Signaturengruppe S 24 wurde 1962 für die Erwerbungen des damaligen Sondersammelgebiets Judentum eingeführt, die Signatur selbst nach dem betreffenden Signaturenindex am 7.10.1970 vergeben.

Auf dem stark beschädigten Titelblatt ist allerdings noch eine ältere Signatur zu erkennen. Danach gehörte der Band ursprünglich als Auct. Hebr. anon. 651 zum wertvollen Hebraica-Kernbestand der alten Stadtbibliothek, der im Zweiten Weltkrieg mit dieser verbrannte. Dieser Bestand hatte 11.806 Titel namentlich bekannter hebräischer Verfasser und 3.858 Bände anonymer Traditionsliteratur umfasst; gerade auf dem Gebiet der jüdischen Liturgie lag eine große Stärke der Sammlung. Tatsächlich findet sich unser Band unter der Nummer 651 im Signaturenindex der „Auctores Hebraici anonymi“, den der jüdische Kaufhausbesitzer und Mäzen Salman Schocken wohl 1934 im Zuge der – letztlich gescheiterten – Verhandlungen um einen möglichen Verkauf der Frankfurter Judaica-Sammlung fotografieren ließ. Der Index selbst zählt ebenfalls zu den Kriegsverlusten, doch stellte die Schocken-Bibliothek in Jerusalem der Stadt- und Universitätsbibliothek 1992 eine Mikrofilmkopie der Reproduktionen zur Verfügung, die eine Rekonstruktion des Bestandes ermöglicht.

Aufgrund neuerer Recherchen im Rahmen des Drittmittelprojekts „Footprints in Frankfurt“ lässt sich auch die Herkunft des vorliegenden Gebetbuchs näher bestimmen. Auf der letzten Textseite trägt der Band die Akzessionsnummer 1729/2 – die Nummer also, mit der die Bücher aus dem Nachlass des liberalen Frankfurter Gemeinderabbiners Dr. Nehemias Brüll versehen wurden. Dieser war 1891 völlig unerwartet im Alter von 47 Jahren gestorben; der Ankauf seiner Bibliothek von mehreren tausend Bänden, der zur Hälfte durch Schenkungen aus der Jüdischen Gemeinde finanziert wurde, legte den Grundstein der Judaica-Sammlung in der Stadtbibliothek, welche dann seit 1898 durch Aron Freimann mit tatkräftiger Unterstützung weiterer Stifter systematisch ausgebaut wurde.

Wie entging der Band nun dem Untergang der alten Stadtbibliothek? Darüber gibt ein weiterer handschriftlicher Eintrag im Vorsatz Auskunft. Danach handelte es sich um eine Dublette. Das Büchlein war also offenbar ausgesondert und wohl im Vorgriff auf eine geplante Veräußerung separat aufbewahrt worden, wie dies bei einer Reihe anderer, seither wieder aufgetauchter Bände der Fall gewesen zu sein scheint. Wie die hebräischen Handschriften, die Inkunabeln und die jiddischen Drucke müssen diese Dubletten rechtzeitig vor der Zerstörung des Bibliotheksgebäudes an der Schönen Aussicht ausgelagert worden sein; sie wurden erst im Laufe der 1960er Jahre wieder aufgefunden und dann in die seither eingeführten neuen Signaturgruppen eingearbeitet.

So verdankt sich die Erhaltung dieses weltweit einzigen nachgewiesenen Exemplars der Amsterdamer Ausgabe des Gebetbuchs von Salman Hanau ironischerweise der Tatsache, dass die Stadtbibliothek von dieser – den Bibliographen bis heute unbekannten – Ausgabe nicht nur eins, sondern sogar zwei Exemplare besaß. Das zeigt noch einmal den Reichtum der Sammlung, die Frankfurt verloren hat.

Dr. Lucia Raspe ist seit September 2019 Projektmitarbeiterin („Footprints in Frankfurt“) an der Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg, Frankfurt am Main